VERLUST DER GEWISSHEITEN

Bilderzyklus

Verlust der Gewissheiten


Es gibt individuelle und kollektive Gewissheiten. Grundlage aller Gewissheiten ist das uns zur Verfügung stehende Wissen, welches aber grundsätzlich nicht unterscheidet zwischen Wahrheit und Gefühl. Es sind ja laut Kant „alle Theorien [die sich aus dem erworbenen Wissen generieren, Anm. des Autors] freie Schöpfungen unseres Verstandes.“


Und es gibt auch, wie Karl Popper feststellt, „kein Kriterium der Wahrheit, nicht einmal wenn wir die Wahrheit erreicht haben, können wir dessen sicher sein.“


Das heißt, es gibt so viele individuelle Gewissheiten wie es Menschen gibt, und vielfach führt das Gefühl, auf dem rechten Weg zu sein, etwa in einer Glaubensgemeinschaft oder Partei, zu einer kollektiven Gewissheit.


Nur so sind Phänomene zu erklären wie das allgemeine Gefühl der Sicherheit selbst in Zeiten des Kalten Krieges und ganz besonders in unserer scheinbar so stabilen wachstumsorientierten demokratischen Weltordnung. Kriege außerhalb unserer Wohlfühlsphäre konnten diese Gewissheiten nicht erschüttern.


Nun aber setzen uns Krieg in Europa, die Inflation, Klimakrise und schwer beherrschbare Viren heftig zu, kommen individuelle und kollektive Gewissheiten ins Wanken.




Einige Bilder aus diesem Zyklus sind aktuell in einer temporären Schaufensterausstellung in der Berliner Straße 22a in Berlin-Pankow zu sehen.

Marie Luise Kaschnitz: "Geduld"


Geduld. Gelassenheit. O wem gelänge

Es still in sich in dieser Zeit zu ruhn,

Und wer vermöchte die Zusammenhänge

Mit allem Grauen von sich abzutun?


Zwar blüht das Land. Die reichen Zweige wehen,

Doch Blut und Tränen tränken rings die Erde

Und in der Tage stillem Kommen, Gehen

Verfällt das Herz der tiefsten Ungebärde.


Und ist des Leidens satt und will ein Ende

Und schreit für Tausende nach einer Frist,

Nach einem Zeichen, dass das Kreuz sich wende.


Und weiß doch nicht, mit welchem Maß der Bogen

Des Unheils über diese Welt gezogen

Und welches Schicksal ihm bereitet ist.

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